Kluge Tipps für Schlaf und Erholung vom Schlafcoach
Im Interview verrät uns Schlafcoach und Bettenexpertin Eva Bovet, wie wir trotz anspruchsvoller Arbeit, turbulentem Familienleben und Büro im Schlafzimmer abends zur Ruhe finden.
Ich liege nachts um drei schon fast eine Stunde wach, was ist ratsam: aufstehen und die Zeit nutzen? Oder liegen bleiben?Was, wenn das nächtliche Wachliegen zur Regel wird?Welche Hilfsmittel empfiehlst du zum Ein- und Durchschlafen?
Grundsätzlich sollte das Bett ein Ort der Ruhe, Entspannung und des Schlafs sein. Wenn ich wach liege, Probleme wälze oder mich irgendetwas daran hindert, zu schlafen, sollte ich das Bett verlassen. Was ich dann tue, kann ganz individuell sein: Ich kann aufschreiben, was mich umtreibt, ein Buch lesen, kurz frische Luft schnappen oder das ändern, was mich am Einschlafen hindert. Was ich dann unbedingt vermeiden sollte: grelles Licht oder Bildschirme, starke körperliche Aktivität und Essen – oder generell der Konsum von Ungesundem. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich wieder müde werde, gehe ich am besten wieder ins Bett.
Manchmal entsteht durch das Nicht-schlafen-Können ein Kreislauf von unguten Gefühlen: Ich kann nicht schlafen - ich ärgere mich darüber - ich hoffe, dass ich den morgigen Tag trotzdem einigermaßen gut überstehe - ich denke daran, was es morgen alles zu tun gibt… so nimmt das Karussell Fahrt auf. Viel besser ist es, die Situation als das zu akzeptieren, was sie ist: eine Ausnahme von der Regel.
Wenn es regelmäßig vorkommt, dass mein Schlaf mich nicht glücklich macht, sollte ich andere Maßnahmen ergreifen. Dazu gehört auch die Ermittlung des Chronotypen: Bin ich Lerche oder Eule oder ein Mischtyp? Nicht alle Menschen haben dieselbe Schlafens- und Wachzeit. Das ist ganz natürlich und schön zu wissen. Wenn der Partner oder die Partnerin um 22 Uhr sofort einschläft und man selber noch stundenlang frustriert wach liegt, kann es auch daran liegen, dass man genetisch einfach noch nicht bereit zum Schlafen ist.
Als Erstes muss man wissen, dass wir alle nicht durchschlafen. Die Frage ist, ob und wie ich das nächtliche Aufwachen wahrnehme. Dass es zwischen den Schlafphasen kleine Wachphasen gibt, kann man auch gut finden. Diese sorgen nämlich dafür, dass wir uns bewusster und öfter an unsere Träume erinnern. Oft werden diese Wachphasen zum Morgen hin mehr und länger.
Etwas Anderes ist es, wenn ich von äußeren Einflüssen geweckt werde. Jemand schnarcht, es ist zu hell oder zu dunkel, zu warm oder zu kalt, ich muss zur Toilette: Diese Umstände sind alle veränderbar. Es gibt Ohrstöpsel, Schlafbrillen und allerlei andere Hilfsmittel. Natürlich lohnt es sich auch immer, mal einen Blick auf das Bett selber zu werfen: Liege ich bequem? Brauche ich eventuell eine andere Matratze, ein anderes Kissen oder eine andere Zudecke?
Das (erfolgreiche) Einschlafen beginnt schon am Morgen davor. Wie verbringe ich den ganzen Tag, damit ich abends mit der nötigen „Bettschwere“ gut einschlafen kann? Unabhängig vom eigenen Chronotypen empfiehlt sich vormittags das Auftanken von Sonnenlicht und etwas Bewegung. In dunklen Monaten kann man dafür auch eine Tageslichtlampe verwenden. Grundsätzlich sollte Richtung Abend die körperlicher Aktivität und der Konsum von Licht (auch Bildschirmlicht) tendenziell weniger werden. Zwei Stunden vor dem Schlafen empfiehlt es sich, nichts mehr zu sich zu nehmen, außer Wasser, kein grelles Licht, keine schlechte Nachrichten…. Viel mehr Entspannung bringt da eine Meditation, ein Hörspiel, ein Podcast, ganz sanftes Yoga, Atemübungen oder was auch immer individuell zur Ruhe beiträgt.
Abendrituale sorgen dafür, dass unser ganzer Organismus weiß, dass jetzt Zeit zum Schlafen ist. Für Kinder gibt es viele Abendrituale – Erwachsene „vergessen“ leider diese wertvolle Ressource.
Es gibt diverse Präparate, die helfen sollen, besser ein- und durchzuschlafen. Diese sind eigentlich eine Art Nacht-Feuerwehr. Besser tut man daran, dafür zu sorgen dass es gar nicht erst brennt.
Was ist dein Erste-Hilfe-Tipp für Wachlieger und nächtliche Problemlöserinnen? Und was sind langfristige, nachhaltige Lösungen?
Mein Erste-Hilfe-Tipp für den nächtlichen Versuch, Probleme zu lösen ist: Es sein lassen. Man kann alles aufschreiben, gute und schlechte Gedanken, Lösungsideen, Inspirationen. Lösen wird man das Problem in den aller wenigsten Fällen zufriedenstellend. Das hat sehr viel mit unserem Hormonhaushalt zu tun: Nachts sind wir immer die traurige und melancholische Version von uns selbst. Dieselben Hormone, die dafür sorgen dass wir müde und schläfrig werden, machen uns leider auch sentimental. Probleme, die abends und nachts noch übermächtig erscheinen, sind am nächsten Morgen oft nur noch halb so schlimm. Falls nicht, tut man gut daran, sie mit wachen Geist zu lösen..
Die ersten und, wie ich finde, wichtigsten Schritte zu einem wirklich erholsamen Schlaf ist die Akzeptanz und Selbstbeobachtung. Oft wissen wir sehr genau, was uns gut tut und was nicht. Danach zu handeln, ist nicht immer so leicht.
Auch ändert sich der eigene Schlaf im Laufe eines Lebens, wir brauchen weniger davon. Die Störfaktoren werden im Zweifel mehr, wir sind gestresst im Alltag. Ich meine damit auf keinen Fall, dass man akzeptieren soll, dass man schlecht schläft – ganz im Gegenteil – ich meine, dass man akzeptieren darf, wenn es mal nicht klappt. Genauso wie man akzeptieren darf, wenn man mal nicht den Trainingsplan befolgt oder „zu viel“ Schokolade gegessen hat.
Wenn die Schlafprobleme allerdings zum Dauerthema werden, bitte unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Manchmal können auch körperliche Faktoren die Ursache sein. Und wir brauchen erholsamen Schlaf – im Moment dringender denn je.
Noch ein paar Tipps, wenn sich der Arbeitsplatz im Schlafzimmer befindet:
- Am besten vom Rest vom Raum abtrennen durch Gardine, Raumteiler etc.
- Den direkten Blick von Bett auf den Schreibtisch vermeiden
- Während des Arbeitstages Temperatur, Duft und Licht im Raum verändern und somit abends eine andere Atmosphäre schaffen
- Auf jeden Fall nicht direkt vom Schreibtisch ins Bett oder schlafen gehen
- Clean Desk
- Wenn spätes Arbeiten vor dem Bildschirm sich absolut nicht vermeiden lässt: Blaulichtfiterbrille tragen
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